Setzen sich Unternehmen auf dem asiatischen Markt wirklich ernsthaft mit dem Thema Arbeitsschutz auseinander?
Wir können anderen Ländern nicht vorschreiben, was sie machen sollen. Das ist auch nicht unsere Absicht. Letzten Endes können wir auf internationalen Veranstaltungen nur sagen: Wir haben folgendes Problem bei uns lokalisiert und das gehen wir so an. Was die Länder dann daraus machen, wissen wir nicht. Aber das Interesse am Arbeitsschutz ist in Asien groß, Indien ist beispielsweise sehr umtriebig. Wir haben jetzt eine Einladung nach Hongkong erhalten, um über unsere Unfallstatistik und Präventionsmaßnahmen zu berichten. Wir merken also schon Auswirkungen. Manche Länder erkennen die Wettbewerbsnachteile, wenn sie sich nicht um Arbeitsschutz und faire Lieferketten kümmern. Andere wiederum nicht.
Faire Lieferketten, sichere und gesunde Arbeitsplätze gehören laut Agenda 2035 zu den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung. Macht das den Unternehmen nochmals deutlich, wie wichtig Arbeitsschutz ist?
Arbeitsschutz ist nicht nur nachhaltig, sondern auch ein Menschenrecht. Denn jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit, besonders bei der Arbeit. Demnach ist die gesunde und sichere Gestaltung von Arbeitsplätzen ein Menschenrecht. Ich muss sie so gestalten, dass die Person, die morgens kommt, abends gesund nach Hause geht. Wenn ein Unternehmen das schafft, dann ist es in seiner Wertschöpfungskette bereits nachhaltig. Das gilt besonders für Deutschland, wo wir zu wenig Arbeitskräfte haben. Ein Unternehmen muss sich das verordnen und darauf schauen, dass seine Beschäftigten gesund bleiben, damit die Prozesse weiterlaufen können, um nachhaltig zu produzieren und nachhaltige Produkte zu verkaufen.
Dennoch bleibt die Prävention im Arbeitsschutz eine Herausforderung. Warum eigentlich?
Die Krux in der Prävention ist, Unternehmen, bei denen in den vergangenen Jahren kein schwerer oder tödlicher Arbeitsunfall passiert ist, klar zu machen, was sie tun sollen, damit auch in Zukunft nichts passiert. Das ist und bleibt für den Arbeitsschutz ein ständiges Bohren von dicken Brettern. Und dabei treibt uns die Vision Zero ständig an: Die Arbeitsbedingungen so sicher zu gestalten, dass die Menschen immer gesund bleiben, selbst wenn sie mal einen Fehler machen, ob am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin.