
Altersdiversität bei Otto
Wie hält man die unterschiedlichen Generationen im Unternehmen in Balance? Otto macht es vor, mit dem Netzwerk #experienced.
Alle Menschen wollen arbeiten – ob mit oder ohne Behinderung! Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind ein müheloser Eintritt in die Arbeitswelt und barrierefreie Arbeitsplätze, die es ermöglichen, ohne fremde Hilfe am Arbeitsleben teilzuhaben. HUNDERT PROZENT zeigt einfache Beispiele, wie Arbeitsplätze auch in kleinen oder mittleren Unternehmen barrierefrei gestaltet werden können.
Eine Behinderung kommt meistens unverhofft. Beinahe 90 Prozent aller Schwerbehinderungen sind laut Bundesagentur für Arbeit das Resultat einer Erkrankung, die während des Erwerbslebens auftritt. Das können beispielsweise eine Krebs- oder Asthmaerkrankung, Diabetes oder ein Schlaganfall sein. Der Anteil von Menschen mit einer angeborenen Behinderung liegt dagegen nur bei 3 Prozent. Was bedeutet das für Unternehmen? Sie werden im Laufe der Jahre bestimmt einen Anteil von Menschen mit Behinderung unter Vertrag haben. Was können sie dann tun, um die Erfahrungen und das Know-how dieser Beschäftigten weiter nutzen zu können?
Zunächst einmal bedeutet Barrierefreiheit nichts anderes als Firmengebäude und deren Anlagen und Einrichtungen für alle Menschen in jedem Alter, mit und ohne Behinderungen, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar zu machen. Das schließt Räume, Informationsangebote und Arbeitsmittel sowie Treppen, Flure, Türgriffe, Beleuchtungen, Kennzeichen, Schriften, Töne und Toiletten mit ein. Das Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am Arbeitsleben teilhaben zu lassen, um ihr Potenzial sowie ihre Talente zu heben. Das kann viele weitere positive Effekte haben. Zum Beispiel fördern barrierefreie Arbeitsplätze die Innovationsfreude und Motivation aller Mitarbeitenden. Denn ergonomische Möbel und viel Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz für Beschäftigte mit Behinderung verbessern auch die Arbeitsbedingungen für ihre nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen.
Bei Gebäuden und anderen bauliche Anlagen und Einrichtungen können folgende Barrieren bestehen:
Räumliche
Soziale
Haptische
Optische
Akustische
Hygienische
Stoffliche
Viele Unternehmen befürchten jedoch, dass die baulichen und technischen Maßnahmen für barrierefreie Arbeitsplätze hohe Kosten verursachen. Das muss aber nicht sein. Durch vorausschauende Planung können diese Investitionen kostengünstig oder sogar kostenneutral ausfallen. Zudem gibt es immer wieder staatliche Fördergelder, die bis zu 100 Prozent der Kosten abdecken können. Diese Förderungen umfassen die Anschaffung, Wartung und Instandhaltung von Einrichtung, Technik und Hilfsmitteln sowie Schulungen für Mitarbeitende. Ansprechperson für die finanzielle Förderung sind Integrationsämter, Rehabilitationsträger, die Agentur für Arbeit und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch Krankenkassen können in Einzelfällen unterstützen, wenn es sich um Hilfsmittel der medizinischen Rehabilitation handelt, die privat und beruflich genutzt werden.
Viele Unternehmen stehen vor der Aufgabe, barrierefreie Arbeitsplätze in bestehenden Gebäuden einzurichten. Nachträgliche Änderungen in Bestandsbauten sind in der Regel aufwendig und teuer. Besonders schwierig wird es, wenn es sich um eine Mietimmobilie handelt, die baulich nicht verändert werden darf. Bei der Umsetzung können dann die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Betriebsarzt und Betriebsärztin mit ihrer Expertise weiterhelfen. Außerdem sind regelmäßige Schulungen für Mitarbeitende und Führungskräfte sinnvoll, um ein Bewusstsein für Barrierefreiheit zu schaffen und deren Umsetzung zu fördern. Grundsätzlich gilt: Eine frühzeitige Planung, bei der auch die Beschäftigten mit Behinderung einbezogen werden, ist wichtig, damit spätere und meistens sehr aufwendige Anpassungen vermieden werden.
Schon im Einstellungsprozess sollte im Gespräch geklärt werden, was neue Mitarbeitende mit Behinderung benötigen, damit der Arbeitsplatz frühzeitig angepasst werden kann – von speziellen Tischen bis zur Rollstuhlrampe oder individuellen Arbeitszeiten. Aber auch wenn eine Beeinträchtigung erst während der Beschäftigung auftritt, sollte darauf reagiert werden, indem man die räumlichen und technischen Gegebenheiten anpasst.
Planen Sie gezielt und gemeinsam mit den Beschäftigten mit Behinderung: Das fängt bereits bei einer Begehung des Betriebs an. Fragen Sie: Wie können die Arbeitsplätze barrierefrei gestaltet werden? Schon im Bewerbungsprozess sollten Sie als verantwortliche Führungskraft signalisieren, dass Sie Inklusion unterstützen.
Sprechen Sie das neue Teammitglied offen auf seine Bedürfnisse an: Was braucht er oder sie im Arbeitsalltag? Wie wäre das umsetzbar?
Binden Sie das komplette Team mit ein: Wenn Sie offen und transparent kommunizieren, können Sie Neid oder Missgunst vorbeugen. Denn manche Menschen mit Behinderung benötigen mehr Platz, spezielle Arbeitsmittel oder sind anders leistungsfähig.
Manche Barrieren sind offensichtlich, werden allerdings erst dann wahrgenommen, wenn man im Alltag darauf angewiesen ist. Zum Beispiel die Fahrt mit Bus und Bahn zur Arbeitsstätte. Ist die Bus-Haltestelle vor dem Betriebsgelände oder dem Geschäft barrierefrei? Können Rollstuhl fahrende Mitarbeitende ohne große Probleme dort ein- und aussteigen? Benötigen sie eventuell die Hilfe von Kolleginnen oder Kollegen? Das gilt es vorab zu klären.
Und was ist mit behinderten Beschäftigten, die mit dem Pkw zur Arbeit fahren? Sie benötigen einen Stellplatz mit ausreichend Bewegungsraum und einem Schutz vor Witterung. Wie viel ausreichend ist, hängt von der Art und Weise des Aus- und Einsteigens in den Wagen ab. Manche Mitarbeitende fahren ihren Pkw selbst, lagern ihren Rollstuhl auf dem Beifahrersitz oder auf dem Rücksitz. Manche heben ihn mit eigener Kraft heraus, andere benötigen einen Kran oder die Hilfe von einer Kollegin oder einem Kollegen.
Damit Menschen, die auf einen Rollstuhl, einen Rollator oder auf ähnliche Hilfsmittel angewiesen sind, ihren Arbeitsplatz barrierefrei erreichen können, benötigen sie einen passenden Zugang durch die Eingangstür. Ein Rollstuhlfahrender sollte wie alle anderen Mitarbeitenden die Haupteingangstür nutzen können. Ist der Eingang nicht ebenerdig, sollte eine Rampe eingebaut werden. Die Türen im Gebäude sollten leicht bedienbar sein. Auf Möbel direkt neben den Türen sollte verzichtet werden. Rollstuhlfahrende benötigen nämlich ausreichend Bewegungsfläche auf beiden Seiten der Türen und neben der Tür, um die Tür selbstständig öffnen zu können. Das gilt selbstverständlich auch für die Toilettentüren. Grundsätzlich sollte vor der Einrichtung einer barrierefreien Toilette mit dem behinderten Kollegen oder der Kollegin besprochen werden, wie viel Platz er oder sie eigentlich braucht. Das kann sehr unterschiedlich sein. Noch ein Hinweis zu den Türen: Für Menschen mit Sehbeeinträchtigung sollte der Türgriff als solcher erkennbar sein – dazu können Größe, Form und Farbe, aber auch die Struktur beitragen.
Ein wichtiges Thema ist die Alarmierung aller Mitarbeitenden im Notfall. Für Menschen mit Höreinschränkungen helfen visuelle Alarmsysteme und vibrierende Armbänder, die zusätzlich zu akustischen Signalen wie der Sirene auf die Gefahr hinweisen. Alarmlichter, die direkt über den Notausgängen angebracht werden, bieten eine wertvolle Orientierung. Noch besser sind dynamische Sicherheitsleitsysteme am Boden. Sie weisen im Brandfall auch dann einen sicheren Weg aus der Gefahrenzone, wenn die hoch montierten Rettungszeichen und Alarmlichter wegen der zu starken Rauchentwicklung auch für Nichtbehinderte nicht mehr erkennbar sind.
Angenehm für alle und sehr hilfreich für Menschen mit Seheinschränkungen sind klare und kontrastreiche Schriften und Formen, die beispielsweise bei der Beschilderung von Wegen, Warnhinweisen oder digitalen Benutzeroberflächen eingesetzt werden. Auch Lichtschalter sollten sich farblich von der Wand unterscheiden. Sind sie in der gleichen Farbe, hilft ein farbiger Rahmen. Das erhöht die allgemeine Erkennbarkeit und dient so der Sicherheit. Grundsätzlich gilt: Größere Formen und eindeutige Figuren können besser erkannt werden als kleinteilige und komplexe – beispielsweise Piktogramme oder Sicherheitsmarkierungen an Glastüren. Piktogramme haben sich als Elemente von Leit- und Orientierungssystemen etabliert. Sie sind besser erkennbar aus größeren Entfernungen und sind selbsterklärend.
Auch die Benutzeroberflächen von Scannern und Kassensystemen, die beispielsweise im Einzelhandel verwendet werden, sollten klar und barrierefrei gestaltet sein. Das erleichtert allen Mitarbeitenden die Bedienung. Denn ist die Oberfläche beziehungsweise das Frontend unterschiedlich gestaltet, stellt das Menschen mit Seheinschränkungen immer wieder vor neue Herausforderungen und senkt die Benutzerfreundlichkeit für alle Mitarbeitenden.
Kleine Unternehmen haben häufig die Sorge, etwas falsch zu machen, wenn sie einen Menschen mit Behinderung einstellen möchten. Sie sorgen sich, dass sie das nicht ordentlich hinbekommen. Anders sieht die Situation aus, wenn sie Beschäftigte haben, die aufgrund eines Unfalls oder einer Erkrankung auf einmal eine Behinderung oder eine Beeinträchtigung haben. Dann kennt man den Menschen und weiß eher mit der neuen Situation umzugehen. Ich glaube die größte Herausforderung für kleine Unternehmen ist es, die richtigen Anlaufstellen zu kontaktieren. Sie wissen oft nicht, an wen sie sich wenden können und wer sie unterstützt – sowohl beratend als auch finanziell.
Grundsätzlich sollte ein Unternehmen vorab klären, ob man im gesamten Betrieb die Arbeitsplätze barrierefrei gestalten oder ob man für einen Mitarbeitenden dessen Arbeitsplatz behindertengerecht einrichten will. Das sind nämlich Riesenunterschiede – nicht nur in der Planung, sondern auch finanziell. Grundsätzlich ergibt es Sinn, bei der Planung eines Neubaus die Barrierefreiheit mitzudenken. Weil in der Regel alle etwas davon haben, beispielsweise auch die Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund von Alter oder Krankheit körperlich beeinträchtigt sind und dies nicht kundtun möchten. Aber auch in diesen speziellen Situationen haben Unternehmen manchmal zu wenige Informationen und denken, das kann teuer werden. Dem ist aber nicht unbedingt so. Es gibt Anlaufstellen wie die Integrationsfachdienste, die die Unternehmen dahingehend beraten, welche finanziellen Zuschüsse sie beantragen können.
Was tatsächlich häufig passiert: Ein Arbeitsplatz wird geplant, ohne vorher mit dem Betroffenen zu sprechen. Das Unternehmen macht sich viel Mühe und gibt Geld aus, anschließend sagt der Beschäftigte, das ist ja alles ganz toll, aber das hätte ich so nicht gebraucht. Dafür fehlen elementare Dinge, weil man nicht wusste, dass diese benötigt werden. Es ist also wichtig, die Kolleginnen und Kollegen mit einzubeziehen – und zwar am besten alle. So kann man eine Neiddebatte nach dem Motto „Warum bekommt der das und ich nicht?“ im Unternehmen vermeiden.
Vielfalt in der Belegschaft ist oft bereichernd für das Unternehmen selbst. Es kann seine Beschäftigten mit Beeinträchtigungen weiterhin beschäftigen und so auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel reagieren. Es wird als Arbeitgeber attraktiver, kann unter mehr Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt auswählen und steigert dadurch sein Image in der Öffentlichkeit und bei seinen Kunden.
Gert Liebetanz ist Stellvertretender Leiter Sachgebiet Barrierefreie Arbeitsgestaltung bei der DGUV
Barrierefreie Arbeitsplätze sind ein Gewinn für alle. Sie fördern die Inklusion von Menschen mit Behinderungen, verbessern die Arbeitsbedingungen für Nichtbehinderte und können das Image des Unternehmens steigern. Durch vorausschauende Planung und Nutzung von Fördermöglichkeiten fällt es auch kleinen und mittleren Unternehmen leichter, barrierefreie Arbeitsplätze zu schaffen und so ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Barrierefreiheit ist spätestens seit dem Teilhabestärkungsgesetz von 2021 nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine ethische Verantwortung, die es den Unternehmen ermöglicht, ein breiteres Spektrum an Talenten zu gewinnen und ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen. [sie]
Die Integrationsfachdienste (IFD) und die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) unterstützen bei der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Die IFD bieten eine kostenlose Beratung vor Ort, auch die EAA sind für Arbeitgebende kostenlos. Sie haben eine Lotsenrolle, klären allgemeine Fragen und geben Tipps, wo welche Förderungen beantragt werden können. Informationen zu den IFD und EEA unter: www.bih.de
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