
Erste-Hilfe-Auszeichnung: Heldentat in der Werkshalle
Vier Kollegen retteten bei Häuselmann Metall einem Verunglückten das Leben. Die BGHW ehrte sie für ihren mutigen Erste-Hilfe-Einsatz.
Muskel-Skelett-Erkrankungen nehmen immer mehr zu. Um Beschäftigte bei schweren und wiederkehrenden Arbeiten zu entlasten, wurden Exoskelette entwickelt. Immer mehr Unternehmen in Handel und Logistik setzen auf den Einsatz dieser Hilfsmittel. Doch wie bewähren sich diese am Körper getragenen Assistenzsysteme im Alltag? Halten sie den Anforderungen in der Branche stand, bieten sie volle Bewegungsfreiheit und wie sieht es mit der Akzeptanz bei den Beschäftigten aus? HUNDERT PROZENT war beim Logistikdienstleister DB Schenker vor Ort, wo Exoskelette auf ihre Alltagstauglichkeit getestet wurden.
Für Eugen Lang am Schenker-Terminal Bamberg steht heute die Kommissionierung einer Fracht mit 35 bis 40 Kilogramm schweren E-Bikes auf dem Plan. Der 37-Jährige ist einer der Logistikmitarbeiter, die seit einigen Wochen Exoskelette auf ihre Alltagstauglichkeit testen. Mit geübten Handgriffen schlüpft er in die Schulterschlaufen des mechanischen Assistenzsystems. Lang schließt die Manschetten und Bänder um die Oberarme und den Beckengürtel. Sitzt, passt, hat Luft – auf geht’s.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Pascal Herzky zieht er einen Karton nach dem anderem aus dem Lkw auf die Palette, die auf dem Gabelstapler wartet. Dieser bringt sie anschließend auf die andere Seite der Halle, wo Lang und Herzky die unhandlichen Pakete mit Schwung vom Stapler auf die Versandpalette hieven. Das ist nicht leicht und geht auf die Knochen. Doch das mechanisch wirkende Exoskelett entlastet Oberkörper, Schultern und Gelenke der Logistiker spürbar. „Ich hatte vorher zunehmend Schmerzen in Armen und Schulter. Diese sind wesentlich besser geworden, seit ich das Exoskelett trage“, erzählt Eugen Lang.
Für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen gehören körperliche Arbeiten wie Bücken, Heben und Tragen in der Logistik zur täglichen Arbeit. Der international agierende Logistikdienstleister DB Schenker bietet Landverkehr, Luft- und Seefracht aus einer Hand. In Deutschland ist er Arbeitgeber für rund 15.000 Beschäftigte. Mit dem Ziel, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu entlasten, testete Schenker in einer Pilotphase mehrere mechanische Assistenzsysteme, unter anderem an den Standorten Augsburg und Bamberg, bei verschiedenen Tätigkeiten. „Gemeinsam mit den Beschäftigten vor Ort schauen wir uns die Arbeitsplätze an und entwickeln Lösungen“, betont Gerald Müller, Leiter Industrial Engineering bei DB Schenker Deutschland.
Der Prozess erfolgt in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat Frank Stehn, der bei DB Schenker auch für das Gesundheitsmanagement verantwortlich ist. „Wir begleiten und betreuen den Einsatz von Exoskeletten langfristig – und stehen erst am Beginn einer Langzeitstudie“, bekräftigt Stehn.
So auch am Augsburger Güterverkehrszentrum (GVZ), wo Mitarbeitende bei bestimmten Hebetätigkeiten über Rückenbeschwerden klagten. „Teils müssen Materialien verpackt werden, die viel zu schwer sind, um von einer Person alleine gehoben werden zu können“, erläutert Kai Lederhofer. Der 30-Jährige verantwortet am Augsburger GVZ IV die „Operational Excellence“, also die Prozessoptimierung, für einen Roboter-Hersteller.
In der Halle lagern einsatzbereite Roboter und Hardware in Einzelteilen, die bei Bedarf für die Montage zusammengestellt, verpackt und verschickt werden. Gabelstapler surren zwischen Regalreihen und Packbändern umher. An einem Förderband steht Pascal Rudel und streift sich sein Exoskelett über. Er stellt heute Sets zusammen, bei denen er verschiedene Lasten heben und absetzen muss. Der 35-Jährige testet ein zweiteiliges „Exo“, das seinen Rücken und den Oberkörper unterstützt und die Belastung mindern soll. „Bevor wir Exoskelette einsetzten, haben wir mit dem Betriebsrat mehrere technische und organisatorische Maßnahmen zur Entlastung der Tätigkeiten geprüft und teils umgesetzt“, berichtet Lederhofer. So wurde ein Kran angeschafft, mit dem die Beschäftigten besonders schwere Lasten bewegen können.
„In der Logistik ist Flexibilität wichtig, da viele Beschäftigte zwischen Tätigkeiten wie Kommissionieren, Verpacken und Staplerfahren wechseln“, betont Prozessmanager Gerald Müller. Daher gehöre auch der Einsatz von Exoskeletten zur Optimierung der Abläufe. „Es geht uns nicht in erster Linie darum, die Produktivität zu steigern“, sagt er. Man habe die Gesundheit der Beschäftigten im Fokus und möchte auch als Arbeitgeber attraktiv bleiben.
„Denn Beschäftigte, die es tragen, ermüden weniger schnell und fühlen sich am Ende der Schicht ausgeruhter“, sagt der 50-Jährige. Das belegen auch Testphasen: Beschäftigte wurden bei der Arbeit mit Sensoren ausgestattet, die physische Be- und Entlastung bei der Arbeit messen und Daten generieren. Die Auswertungen bestätigen das positive Feedback vieler Beschäftigter: Wenn „Exo“ unter die Arme greift, fühlt man sich am Ende des Arbeitstages fitter.
„Bevor es zum Einsatz tragbarer Assistenzsysteme kommt, sollte die Möglichkeit von technischen und organisatorischen Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit geprüft werden. Nur wenn technische und organisatorischen Maßnahmen nicht möglich sind, ist der Einsatz von Exoskeletten als personengebundene Maßnahme die letzte Option“, gibt BGHW-Präventionsexperte Ralf Schick zu bedenken. Weiter empfiehlt Schick, unbedingt die Hersteller-Angaben zu beachten, vor allem mit Blick auf Nebentätigkeiten und mögliche Gefährdungen: Beispielweise auch für das Fahren eines Gabelstaplers mit angelegtem Exoskelett. Außerdem müsse die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes für den Einsatz eines Exoskelettes angepasst werden. Und: Unternehmen sollten ihren Beschäftigten, die Exoskelette nutzen, eine regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorge ermöglichen. Es sei aktuell noch nicht klar, was die Umverteilung der Kräfte im menschlichen Körper auf Muskeln und Skelett auf lange Sicht bewirke.
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