
Altersdiversität bei Otto
Wie hält man die unterschiedlichen Generationen im Unternehmen in Balance? Otto macht es vor, mit dem Netzwerk #experienced.
Unternehmen, die sich für sicheres und gesundes Arbeiten einsetzen, können gleichzeitig gute Integrationsarbeit für ihre zugewanderten Mitarbeitenden leisten. Warum das so ist, erläutert Dr. Katrin Boege, Expertin bei der DGUV.
Frau Dr. Boege,kann Arbeitsschutz bei der Integration von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund helfen?
Ja, weil Arbeitsschutz dazu beiträgt, dass die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten sicher und gesund gestaltet sind, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrem Alter und ihrer Religion. Durch die Gefährdungsbeurteilung entstehen an den Arbeitsplätzen Standards, die Diskriminierung verhindern und Chancengleichheit fördern. Und eine gute Integration in das Unternehmen erleichtert wiederum eine gelungene Integration in die Gesellschaft.
Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie ausländische Fachkräfte einstellen möchten?
Sie sollten über den Status des Berufs im Ausland informiert sein und einen Erwartungsabgleich vornehmen, um Enttäuschungen vorzubeugen. Ein gutes Beispiel ist der Beruf der Krankenschwester. Bei uns ist es ein Ausbildungsberuf, in manchen Ländern dagegen fast ein Studium mit weitergehenden Kompetenzen.
Was braucht es, damit alle im Unternehmen Integration unterstützen?
Mein erster Tipp ist, die Stammbelegschaft einzubeziehen und zu kommunizieren, warum sich ein Unternehmen für Fachkräfte aus dem Ausland entschieden hat, warum die Menschen für das Unternehmen wichtig sind, und dass sich der Bedarf aus den eigenen Reihen nicht decken lässt. Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte müssen dahinterstehen, damit sie in Konfliktfällen klar Haltung beziehen können.
Wie lässt sich Integration im Arbeitsalltag konkret fördern?
Zum Beispiel durch ein Mentorenprogramm, bei dem eine Person, die schon langjährig im Unternehmen tätig ist, einem Zugewanderten auf freiwilliger Basis als Mentorin bzw. Mentor zugeteilt wird. Sie oder er ist Ansprechperson, begleitet das Ankommen im Betrieb und wird dafür zeitlich entlastet. Kommen viele Beschäftigte aus einem Land, ist es hilfreich, die Stammbelegschaft vorab mit Informationen über das Land zu versorgen, damit sie empathisch kommunizieren kann. Der Pflegebereich wirbt in der Regel viele Menschen von den Philippinen an, dort ist es viel wärmer als bei uns. Kolleginnen und Kollegen können dann entsprechend fragen: Bei euch ist es immer 25 Grad, wie geht es dir hier im Winter bei unserem kalten Wetter?
Wie wichtig ist der direkte Austausch mit den Migrantinnen und Migranten?
Unternehmerinnen und Unternehmer sollten stets signalisieren: Wir haben ein offenes Ohr. Allerdings müssen sie bedenken, dass in manchen Kulturen Hierarchien eine andere Rolle spielen, der Chef oder die Chefin ist dort nicht einfach ansprechbar. Selbst wenn es in Deutschland heißt: Kommen Sie mit Problemen zu mir – einen Chef oder eine Chefin sprechen manche nicht an. Daher sind Kolleginnen und Kollegen auf Augenhöhe wichtig, zum Beispiel die Mentoren oder die Sicherheitsbeauftragten, an die sich Migrantinnen und Migranten wenden können. Auch diejenigen, die schon lange im Betrieb sind, sollten mit einbezogen werden, damit der Fokus auf die gesamte Belegschaft gerichtet ist und nicht ausschließlich auf die zugewanderten Fachkräfte. Gemeinsames Essen, Feste sowie alles, was für Begegnung sorgt, ist hilfreich.
Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage für den Arbeitsschutz. Kann sie darüber hinaus eine weitere Hilfestellung sein?
Auf jeden Fall. Sie ist immer ein Anlass, um mit den Beschäftigten ins Gespräch zu kommen, ähnlich wie beim Jahresmitarbeitendengespräch. Auch wenn mit der Gefährdungsbeurteilung die Arbeitsbedingungen überprüft werden, kann eine Führungskraft in solchen Gesprächen ermitteln, wie gut eine Person angekommen ist. Was er oder sie vielleicht noch braucht oder wie weit die Sprachkenntnisse entwickelt sind. Auch für die psychische Beanspruchung, etwa wegen der Trennung von der Familie oder ungewohnte Wetterbedingungen, bekommen Führungskräfte in solchen Gesprächen ein Gespür.
Wie können Unfallversicherungsträger mit Präventionsmaßnahmen unterstützen?
Bei sehr heterogenen Belegschaften wie in der Baubranche sind beispielsweise Unterweisungsmaterialien in den entsprechenden Sprachen sinnvoll. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lassen sich die Texte in unterschiedliche Sprachen übersetzen. Nicht-leseaffine Beschäftigte können sich das vorlesen lassen. Für die Gastronomie, speziell für chinesische Kleingastronomen, gibt es ein Pilotprojekt mit einem Arbeitsschutz-Online-Training auf Mandarin. In der Landwirtschaft wurden Saisonarbeitskräfte gefragt, was sie sich als Präventionsmaßnahme wünschen würden: Das Ergebnis waren Kurzfilme zu den Arbeitsmaschinen, die ohne Worte zeigen, was bei der Bedienung zu beachten ist. Außerdem können Aufsichtspersonen mit Migrationshintergrund und gefragten Sprachkenntnissen zu einem partnerschaftlichen Austausch mit Mitgliedsunternehmen und Versicherten beitragen. [ah]
„An unserem Standort haben wir circa 400 polnisch-sprachige Mitarbeitende. Wir haben uns vor zwei Jahren entschieden, die Arbeitsanweisungen auch auf Polnisch auszuhändigen, um Fehler vorzubeugen und um sicherzustellen, dass dieser große Anteil der Belegschaft die Arbeitsroutinen zuverlässig versteht. Für unsere Führungskräfte ist das eine große Erleichterung, da sie wissen, dass sie die Mitarbeitenden richtig abholen und die betroffenen Beschäftigten ihre Arbeit qualitativ korrekt ausführen können.“
Dr. Katrin Boege vermittelt im Seminar „Herausforderung Migration“ (Seminarnummer 570126) – gemeinsam mit einem Kollegen mit Migrationshintergrund – Grundlagen zu interkulturellen Unterschieden, informiert über unterschiedliche Sicherheitskulturen und Sicherheitsverhalten sowie Präventionsansätze aus Betrieben mit einem hohen Beschäftigungsanteil mit Migrationshintergrund.
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