Frau Dr. Boege,kann Arbeitsschutz bei der Integration von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund helfen?
Ja, weil Arbeitsschutz dazu beiträgt, dass die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten sicher und gesund gestaltet sind, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrem Alter und ihrer Religion. Durch die Gefährdungsbeurteilung entstehen an den Arbeitsplätzen Standards, die Diskriminierung verhindern und Chancengleichheit fördern. Und eine gute Integration in das Unternehmen erleichtert wiederum eine gelungene Integration in die Gesellschaft.
Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie ausländische Fachkräfte einstellen möchten?
Sie sollten über den Status des Berufs im Ausland informiert sein und einen Erwartungsabgleich vornehmen, um Enttäuschungen vorzubeugen. Ein gutes Beispiel ist der Beruf der Krankenschwester. Bei uns ist es ein Ausbildungsberuf, in manchen Ländern dagegen fast ein Studium mit weitergehenden Kompetenzen.
Was braucht es, damit alle im Unternehmen Integration unterstützen?
Mein erster Tipp ist, die Stammbelegschaft einzubeziehen und zu kommunizieren, warum sich ein Unternehmen für Fachkräfte aus dem Ausland entschieden hat, warum die Menschen für das Unternehmen wichtig sind, und dass sich der Bedarf aus den eigenen Reihen nicht decken lässt. Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte müssen dahinterstehen, damit sie in Konfliktfällen klar Haltung beziehen können.
Wie lässt sich Integration im Arbeitsalltag konkret fördern?
Zum Beispiel durch ein Mentorenprogramm, bei dem eine Person, die schon langjährig im Unternehmen tätig ist, einem Zugewanderten auf freiwilliger Basis als Mentorin bzw. Mentor zugeteilt wird. Sie oder er ist Ansprechperson, begleitet das Ankommen im Betrieb und wird dafür zeitlich entlastet. Kommen viele Beschäftigte aus einem Land, ist es hilfreich, die Stammbelegschaft vorab mit Informationen über das Land zu versorgen, damit sie empathisch kommunizieren kann. Der Pflegebereich wirbt in der Regel viele Menschen von den Philippinen an, dort ist es viel wärmer als bei uns. Kolleginnen und Kollegen können dann entsprechend fragen: Bei euch ist es immer 25 Grad, wie geht es dir hier im Winter bei unserem kalten Wetter?