Die Teilnehmenden stehen um einen roten Kleinbus, an dessen rechter Seitentür eine Rampe hochgefahren wurde. Darauf steht Rollstuhlfahrerin Kristin. Gemeinsam tauschen sie sich über die Fahrzeug-Umbauten aus. ber ihre Pkw-Umbauten aus und werden individuell beraten.
Datum der Veröffentlichung: Lesezeit: 3 Minuten

Fahrtraining für Menschen mit Handicap

Im Fahrsicherheitstraining „Mobil? Aber sicher!“ kommen Autofahrer ans Limit. Die BGHW und andere Berufsgenossenschaften bieten dieses Seminar gemeinsam mit dem Auto Club Europa (ACE) körperlich beeinträchtigten Versicherten an. 

Das Wichtigste im Überblick
 

  • „Mobil? Aber sicher“: Dieses Fahrsicherheitstraining am Linowsee in Brandenburg richtet sich an mobilitätseingeschränkte Versicherte der BGHW und anderer Berufsgenossenschaften.
  • Autofahrerinnen und Autofahrer trainieren unter professioneller Begleitung der Instruktoren des Auto Clubs Europa (ACE) brenzlige Verkehrssituationen.
  • Gemeinsam mit den Profis des ACE testen sie ihre Hilfsmittel und Fahrzeugumbauten.
  • Auch Informationen und Austausch über Themen wie Ernährung, Druckstellenprophylaxe und Erste-Hilfe-Übungen mit Handicap gehören zum Programm.  
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„Autofahren, das bedeutet für mich als Rollstuhlfahrerin mobil und frei zu sein. Daher ist dieses Seminar für mich sehr wichtig!“, sagt Kristin Legeler. Sie nimmt am Fahrsicherheitstraining der BGHW und des Auto Clubs Europa (ACE) für mobilitätseingeschränkte Unfallverletzte in Rheinsberg teil, um ihre Grenzen kennenzulernen – aus Sicherheitsgründen. „Ich bin total aufgeregt“, sagt Kristin Legeler. Die Rollstuhlfahrerin aus Bad Frankenhausen.
„Ich bin total aufgeregt“, sagt Kristin Legeler. Die Rollstuhlfahrerin aus Bad Frankenhausen sitzt am Steuer ihres Autos und wartet auf den Einsatz auf der Trainingsstrecke: Sie ist eine von mehreren Autofahrerinnen und -fahrern, die auf Einladung der BGHW zum Seminar und Fahrsicherheitstraining „Mobil? Aber klar!“ des ACE am Linow See bei Rheinsberg gekommen ist. Die Teilnehmenden sind nach Arbeits- oder Wegeunfällen in ihrer Mobilität eingeschränkt: querschnittgelähmt oder beinamputiert, körperlich beeinträchtigt. 2,5 intensive Tage in Theorie und Praxis erwarten die Autofahrerinnen und Autofahrer in Brandenburg. Unter professioneller Begleitung der ACE-Trainer Marcel Bieck, Gert Schleichert und Alf Walter beschäftigen sich Versicherte der BGHW und der BG Holz und Metall (BGHM) in Kleingruppen mit Grenzsituationen im Straßenverkehr und fahrerischen Grundlagen im Sinne der Fahrsicherheit.

Wenn der Kopf verunsichert

„Mein Problem sind Linkskurven“, erzählt Kristin. Der schwere Autounfall 2018, durch dessen Folgen sie querschnittgelähmt ist, ereignete sich auch in einer Linkskurve. „Da ist etwas in meinem Kopf verankert, das mich verunsichert“, umschreibt sie. Damals arbeitete sie in einem Versandhandel und war auf dem Weg, um Pakete auszuliefern, als ihr Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und sich überschlug. Ein Jahr später saß sie wieder am Steuer – in ihrem behindertengerecht umgebauten Pkw.
Aus dem Funkgerät, das auf dem Armaturenbrett ihres Autos liegt, ertönt die Stimme des Seminarleiters Marcel Bieck. Er steht am Rande des Übungsplatzes. Die Teilnehmenden rollen unter seiner Regie der Reihe nach auf die Strecke, um kritische Fahrmanöver zu trainieren. 
„Kristin, du bist die Nächste. Vollbremsung vor plötzlich auftauchendem Hindernis. Lass laufen!“, fordert er sie auf. Die 35-Jährige startet den Motor und gibt Gas. Als sie auf die lange Gerade rollt, schießen direkt vor ihr Wasserfontänen aus dem Boden hervor. An der Fahrbahnseite springt Trainer Marcel auf der Stelle und ruft: „Jetzt! Voll in die Bremsen!“ Kristin schiebt abrupt den Bremshebel der Handbedienung nach vorne und lenkt um das Hindernis herum. Ihr Auto kommt sicher neben dem Trainer zum Stehen. „Gut gemacht“, sagt er durch das geöffnete Fenster. 

 

Ein Mann mit Glatze, im roten Pullover, schaut freundlich in die Kamera.

Das Bremsmanöver ist eine klassische Gefahrensituation im Alltag. Es bringt die Teilnehmenden fahrerisch ans Limit. Und hier, im geschützten Raum, können sie das gut austesten

Gert Schleichert, Trainer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR)

Austesten im geschützten Raum

Erste-Hilfe-Übung im Seminarraum. Im Vordergrund steht ein Reifen, im Hintergrund sieht man zwei Frauen, eine im Rollstuhl, die sich über einen Mann beugen, der auf der Seite liegt.
Erste-Hilfe-Übung im Seminar „Mobil? Aber klar!“, das ACE und BGHW gemeinsam anbieten.

„Das Bremsmanöver ist eine klassische Gefahrensituation im Alltag. Es bringt die Teilnehmenden fahrerisch ans Limit. Und hier, im geschützten Raum, können sie das gut austesten“, erklärt Alf Walter, ACE-Projektleiter. 
„Immer bedeutender und teils lebenswichtig sind Fahrassistenzsysteme, die auf beeinträchtigte Fahrerinnen und Fahrer abgestimmt werden können. Sie unterstützen beim Lenken, Bremsen oder Beschleunigen“, ergänzt Gert Schleichert, Trainer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR). Der ehemalige ACE-Abteilungsleiter initiierte 2011 das Seminar für mobilitätseingeschränkte Versicherte mit Vertretern der Berufsgenossenschaften. „Seitdem bieten wir ‚Mobil? Aber klar!‘ gemeinsam an und entwickeln die Inhalte kontinuierlich weiter“, betont Schleichert. Inzwischen sind Informationen zur Selbstfürsorge, über gesunde Ernährung, Entspannung und Erste-Hilfe-Übungen in den Seminaren gesetzt. Sportwissenschaftlerin Manja Bunk berät die Teilnehmenden auch zu Fragen der Urlaubsplanung, Druckstellenprophylaxe oder zu Verdauungsproblemen. Wer etwas auf dem Herzen hat, kann es auch unter vier Augen ansprechen. 

Kfz-Umbauten unter der Lupe

Ein querschnittgelähmter Mann sitzt am Steuer seines Autos. Er erklärt ein Handbediengerät an seinem Lenkrad. Hinter der geöffneten Fahrertür sieht man eine Frau im Rollstuhl und einen Mann, der hinter ihr steht. Beide schauen interessiert ins Fahrzeuginnere.
Markus Kriegel erklärt das Handbediengerät seines Autos.

Währenddessen nimmt ACE-Partner Sebastian Kessler die individuellen Hilfsmittel und Umbauten der Fahrzeuge unter die Lupe. Der Rollstuhlfahrer ist Sachverständiger für die Fahrzeuganpassung mobilitätseingeschränkter Menschen. Er sieht auf den ersten Blick, wo Optimierungsbedarf besteht. Zum Beispiel bei der ferngesteuerten Rampe, mit der Kristin in ihr Auto hochfährt, um auf den Fahrersitz zu wechseln. Dieses Hilfsmittel läuft nicht einwandfrei. Auch die Befestigung des Rollstuhls im Fahrzeug könnte optimiert werden. „Ich bin so froh hier zu sein. Denn es geht an diesem Wochenende um viel mehr, als um Ladungssicherheit, tote Winkel und Bremswege“, betont sie. „Das Miteinander und der Austausch mit Menschen, die in ähnlichen Situationen sind wie ich und die wissen, wovon ich spreche, das ist mir genauso wichtig wie das Fahrtraining.“ 
Auch in den Augen von Martin Kögler, BGHW-Referent Reha-Management und Teilhabe und den BGHW-Reha-Beratern Sven Letzgus und Stephan Meister, die mit den Versicherten am Training teilnehmen, ist dieses Seminar von besonderer Bedeutung: „Das Training ist für Menschen mit Handicap enorm wichtig. Denn für sie bedeutet die Teilnahme am Straßenverkehr Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Daher ist es gut, dass die Berufsgenossenschaften diese Möglichkeit anbieten.“ 

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