Karl-Josef Thielen am Schreibtisch vor PC, lächelt in Kamera
Datum der Veröffentlichung: Lesezeit: 3 Minuten

Gute Kommunikation im Arbeitsschutz

Sicherheitsfachkräfte stehen oft vor einer zentralen Herausforderung: Sie müssen nicht nur Gefährdungen erkennen und Präventionsmaßnahmen erarbeiten, sondern diese auch wirksam vermitteln. Vorschriften allein reichen dabei nicht aus, um Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen nachhaltig zu verankern. Entscheidend ist, wie über Arbeitsschutz gesprochen wird – Kommunikation ist der Schlüssel. Karl-Josef Thielen, Leiter der Unternehmenskommunikation der BGHW, hat Tipps.

Das Wichtigste im Überblick

  • Sicherheitsfachkräfte müssen Arbeitsschutz so vermitteln, dass Mitarbeitende verstehen, warum Regeln wichtig sind.
  • Zuhören, nonverbale Signale wahrnehmen und Empathie zeigen erhöhen die Überzeugungskraft.
  • Komplexe Fachbegriffe sollten durch einfache und verständliche Sprache ersetzt werden.
  • Emotionen und erlebbare Beispiele machen Arbeitsschutzkommunikation einprägsamer.
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Den Menschen im Blick

Karl-Josef Thielen mit blauem Sakko, klebt Post-Its an an eine Tafel.

„Über die Wirkung Deiner Kommunikation entscheidet Dein Zuhörer“, weiß Karl-Josef Thielen, Leiter der Unternehmenskommunikation der BGHW. Er betont: „Gerade im Arbeitsschutz ist es entscheidend, dass Mitarbeitende nicht nur wissen, was sie tun sollen, sondern auch verstehen, warum. Und hier ist Zuhören wichtiger als Reden.“ Wer Sicherheitsmaßnahmen als lästige Pflicht vermittelt, wird sie nicht mit Überzeugung umsetzen. Überzeugend wird es jedoch dann, wenn auf die Frage ‘Was habe ich davon?’ eine gute Antwort folgt.

Regeln erklären

Beispiel: Ein Mitarbeiter im Lager bewegt regelmäßig Pakete, die über 15 Kilogramm wiegen. Den bereitgestellten Hubwagen nutzt er dafür nicht. Die Sicherheitsfachkraft weist ihn auf die Vorschrift hin und ordnet den Einsatz des Hubwagens an. Der Mitarbeiter fühlt sich gemaßregelt und erwidert mit sichtbarem Unverständnis: „Das geht doch so viel schneller. Mit dem Hubwagen werde ich bis zum Feierabend nicht fertig.“ Der Vorgesetzte sieht seine Wut, hört, dass er verärgert ist, und fühlt seine Verzweiflung. Er erwidert: „Du willst doch heute Abend nicht mit Rückenschmerzen heimgehen, oder? Wenn du jetzt auf deinen Rücken achtest und den Hubwagen nutzt, kannst du den Job auch in zehn Jahren noch ohne Schmerzen machen – und mit deinen Enkeln toben. Darum haben wir die Regel.“

Zuhören – und zwar richtig

Diese Lagersituation zeigt, dass die Fachkraft der nonverbalen Kommunikation mehr Aufmerksamkeit widmete, als den Worten selbst. Eine achtsame Entscheidung, denn das Gesagte ist weniger kontrollierbar und deshalb glaubwürdiger als das Gesagte. Doch auf welchen Teil der, wie der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick es nennt, analogen Kommunikation, hat die Fachkraft denn hier genau geachtet? Und hierfür hat Thielen ein passendes Bild parat: „In der chinesischen Schrift gibt es ein Zeichen fürs Zuhören, das TING, das ich gerne nutze, um die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation im Gespräch zu erläutern. Im übertragenen Sinne, sind hier neben dem Gesagten, die Beobachtungsgabe, das Einfühlungsvermögen und die Wertschätzung meines Gesprächspartners relevant, damit ich verstehe, worum es geht.

Karl-Josef Thielen mit blauem Sakko, stet vor Tafel mit Postis und der Aufschrift Menschenschutz.

Gerade weil alles digitaler wird: Das persönliche Gespräch wird in Zukunft noch wichtiger werden. Und: Menschen merken, ob ein Lob ernst gemeint ist oder nur als Floskel daherkommt.

Karl-Josef ThielenLeiter Unternehmenskommunikation BGHW

Wenn Sprache Barrieren schafft

Und schon beim Gesagten fällt auf, dass aufgrund der Komplexität des Arbeitsschutzes oft mit Fachbegriffen, Vorschriften und bürokratischen Formulierungen gearbeitet wird. „Nehmen wir den Begriff Arbeitsschutz selbst. Dieser ist eigentlich schon falsch, denn: Wir schützen doch nicht die Arbeit, sondern den Menschen bei seiner Arbeit. Deshalb müsste es eigentlich ‚Menschenschutz’ heißen“, plädiert Thielen augenzwinkernd. Auch der für uns sehr zentrale und mehrdimensionale Begriff der Gefährdungsbeurteilung ist für Laien nicht selbsterklärend. Vielleicht wären „Sicherheits-Checks“ leichter zu vermitteln, auch wenn diese nur einen Teilaspekt der Beurteilung ansprechen.

Emotionaler Zugang

Neben der richtigen Wortwahl spielt im TING das Herz oder das Einfühlungsvermögen eine wichtige Rolle. Menschen erinnern sich nicht nur an Fakten, sondern vor allem an das, was sie emotional berührt. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass es bei den Unterweisungen gerne auch mal emotional zugehen sollte, sprich: echte Erlebnisse schaffen. „Wenn Sie Menschen Arbeitsschutzwissen vermitteln, kann der Infotainment-Charakter hilfreich sein, da er die Menschen ins Gefühl bringt“, so Thielen weiter. Er nennt auch Beispiele: „‚Komm gut an.’ – unsere TikTok-Videokampagne, für und von Auszubildenden gedreht. Oder die ‚Goldene Hand’: eine Gala-Veranstaltung, die guten Ideen für die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb eine wertschätzende Bühne gibt.“

aller gezeigten, erlebten und vorgetragenen Inhalte werden behalten. Bei geschriebenen Inhalten sind es nur zehn Prozent.
Karl-Josef Thielen mit blauem Sakko, an Schreibtisch bei blonder Mitarbeiterin. Beide schauen sich etwas im PC an.

Wertschätzung motiviert mehr als Kontrolle

Viel zu oft wird Arbeitsschutz nur dann thematisiert, wenn etwas schiefgeht. Doch positives Verhalten zu bestärken ist mindestens genauso wichtig. Es sollte jedoch von Herzen kommen: „Menschen merken, ob ein Lob ernst gemeint ist oder nur als Floskel daherkommt“, sagt Thielen. Wer Mitarbeitende für sicheres Verhalten lobt und ihnen zeigt, dass ihr Engagement geschätzt wird, stärkt nicht nur die Motivation, sondern fördert auch eine Sicherheitskultur, die von Mitwirkung statt von Zwang lebt.

Eine Frage der Haltung

Am Ende ist erfolgreiche Sicherheitskommunikation keine Frage von vermittelten Vorschriften, sondern von Haltung. Wer zuhört, verständlich spricht, Emotionen nutzt und Wertschätzung zeigt, wird nachhaltige Veränderungen bewirken, weil es uns im Arbeitsschutz in erster Linie um den Menschen geht und nicht nur um Rahmenbedingungen. Wer nicht nur Regeln vorgibt, sondern Gespräche führt, schafft eine Kultur, in der Sicherheit nicht als Pflicht, sondern als gemeinsames Anliegen verstanden wird.

Fünf Tipps für eine wirksame Kommunikation im Arbeitsschutz

Zuhören schafft Vertrauen und Wirkung
Gute Kommunikation beginnt nicht beim Sprechen, sondern beim Zuhören. Wer aufmerksam ist – mit Ohren, Augen und Gespür für Zwischentöne – erkennt Unsicherheiten, Fragen und Potenziale. Mitarbeitende, die sich ernst genommen fühlen, sind eher bereit, Verantwortung für Sicherheit mitzutragen.

Authentizität statt Perfektion
Menschen folgen eher Persönlichkeiten als perfekten Vorträgen. Wer überzeugt ist von dem, was er sagt, wirkt glaubwürdig. Es kommt weniger auf Rhetorik oder Körpersprache an als auf eine klare innere Haltung. Authentisches Auftreten schafft Verbindung – auch beim Thema Arbeitsschutz.

Emotionen verankern Botschaften nachhaltig
Wissen wird schnell vergessen, Emotionen bleiben. Sicherheitsthemen wirken stärker, wenn sie mit persönlichen Geschichten, konkreten Beispielen oder emotionalen Momenten verbunden sind. So wird aus einer Vorschrift ein Aha-Erlebnis – und aus einem Appell ein bleibender Eindruck.

Sprache verständlich und menschlich halten
Fachbegriffe und bürokratische Formulierungen schaffen oft mehr Distanz als Klarheit. Wer Arbeitsschutz verständlich erklären will, sollte einfache, bildhafte und menschliche Sprache wählen. 

Wertschätzung als Teil der Sicherheitskultur
Lob und Anerkennung sind keine Nebensache – sie sind wirksame Werkzeuge in der Sicherheitskommunikation. Wer sich sicher verhält oder andere schützt, verdient mehr als nur stilles Einverständnis. Sichtbare, ehrliche Wertschätzung fördert Motivation und macht Sicherheit zur gemeinsamen Verantwortung.

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