Expertinnen und Experten empfehlen beispielsweise die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten. Ist das in Betrieben des Handels und der Logistik, die in drei Schichten arbeiten, überhaupt möglich?
Hubertus Heil: Klar ist, es wird nicht ‚die eine Antwort‘ auf die Fragen des Klimawandels in der Arbeitswelt geben. Auch eine Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten kann einen Beitrag leisten, ist aber gegebenenfalls nicht in jedem Betrieb umsetzbar. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Beschäftigte sollten daher gemeinsam prüfen, was in ihrem Betrieb möglich ist.
Die Fehlstunden in den Betrieben, die durch die Hitze entstehen, gefährden auch den Wohlstand der deutschen Gesellschaft. Ist der Arbeitsschutz der Beschäftigten vor den Folgen des Klimawandels daher auch ein Thema im Kabinett?
Hubertus Heil: Die Zahl der Hitzetage nimmt zu. Wir hatten in den vergangenen zehn Jahren drei Mal so viele wie in den 1950er-Jahren. Deswegen müssen wir uns die Frage stellen, wie wir gesunde Arbeitsbedingungen bei hoher Produktivität unter den Bedingungen des Klimawandels gewährleisten und damit Wertschöpfung, Wohlergehen und Wohlstand sichern können. Das ist eine Aufgabe für die ganze Bundesregierung.
Der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss finanziert werden. Wie unterstützt die Regierung Unternehmen bei ihren Bemühungen den Klimaänderungen gerecht zu werden?
Hubertus Heil: Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass sich die Bundesregierung verstärkt dem Thema Klimaanpassung widmet. So wird derzeit zum Beispiel eine umfassende Klimaanpassungsstrategie erarbeitet. Alle Ressorts legen dazu Maßnahmenpläne für eine bessere Anpassung an die Folgen des fortschreitenden Klimawandels vor. Ganz konkret gibt es bereits verschiedene Förderprogramme des Bundes, die Kommunen, öffentliche Einrichtungen, soziale Dienste, aber auch Privatunternehmen dabei unterstützen, sich auf den Klimawandel einzustellen.
Das Bundesarbeitsministerium kann im Alleingang die Gesundheit der Beschäftigten nicht vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen. Wer sind für Sie wichtige Partner in Deutschland, mit denen Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit den klimatischen Veränderungen standhalten können?
Hubertus Heil: Wir arbeiten in Deutschland mit zahlreichen Partnern zusammen. Dazu zählen die Sozialpartner und Sozialversicherungsträger, die auch in den Arbeitsschutzausschüssen vertreten sind, sowie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Sie haben sich während der G7-Präsidentschaft von Deutschland für mehr Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in Zeiten des Klimawandels eingesetzt. Gibt es für Deutschland internationale Vorbilder, um die Gesundheit der Beschäftigten vor dem Klimawandel besser zu schützen und die Unternehmerinnen sowie Unternehmer dabei zu unterstützen?
Hubertus Heil: Der Dialog mit den internationalen Partnern war extrem wertvoll, vor allem der direkte Austausch zu ganz konkreten Themen des Arbeitsschutzes. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es nicht die eine Maßnahme gibt, die für alle Beschäftigten passen wird. Hier können wir voneinander viel lernen.
Und wie schützen Sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium vor den Folgen des Klimawandels?
Hubertus Heil: Vorneweg ist mir wichtig zu sagen, dass wir im Bundesarbeitsministerium natürlich weniger klimabedingten Risiken ausgesetzt sind als andere Berufsgruppen. Aber auch im Büro gilt es, die Beschäftigten durch die richtigen Maßnahmen zu schützen. Neben den klassischen Methoden wie Sonnenschutz an den Gebäuden ist das beispielsweise die Möglichkeit, die Arbeit an besonders heißen Arbeitstagen in die kühleren Randzeiten zu verlegen. Außerdem können bis zu 60 Prozent der Arbeit im Homeoffice erledigt werden, auch das hilft.