Eine Frau sitzt in einer häuslichen Situation vor einer anderen Frau und gestikuliert. Die andere Frau hat die Hände auf den Knien gefaltet und hört ihr zu.
Datum der Veröffentlichung: Lesezeit: 3 Minuten

20 Jahre Akutintervention: So gehen Psychologen vor

Raubüberfälle oder andere Gewaltereignisse betreffen jährlich gut 2.500 BGHW-Mitgliedsbetriebe. Um den Betroffenen schnell und unbürokratisch Hilfe gewähren zu können, wurde vor 20 Jahren die Akutintervention ins Leben gerufen. Sie ermöglicht es, innerhalb von 24 bis 48 Stunden ein Gespräch mit einer Psychologin oder einem Psychologen führen zu können.

Das Wichtigste im Überblick

  • Wer traumatische Erfahrungen am Arbeitsplatz gemacht hat, kann durch die Akutintervention schnell und unbürokratisch psychologische Hilfe erhalten.
  • Ein Netzwerk an Psychologen kümmert sich vor Ort um Betroffene.
  • Gegebenenfalls werden bei der Akutintervention weitere Maßnahmen eingeleitet.
  • Führungskräfte sollten Mitarbeitende auf Hilfsangebote wie die Akutintervention und den betrieblich psychologischen Erstbetreuer aufmerksam machen.
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Ein Auffangschirm für Betroffene

Dennis Bronowizki ist Psychologe beim Dienstleister Terapon Consulting – einem von drei Kooperationspartnern der BGHW bei der Akutintervention. Er sagt: „Viele Reaktionen auf belastende Ereignisse wie ein Schock oder eine Überforderung sind ganz normal. Werden diese Reaktionen aber nicht professionell begleitet und aufgefangen, können sie sich verfestigen und langfristig zu einer ernsthaften psychischen Erkrankung entwickeln.“ Die Akutintervention hilft, das Erlebte besser einzuordnen und erste Belastungen zu regulieren. Sie soll verhindern, dass sich Gefühle des Alleinseins und der Isolation verstärken. Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus dem Geschäftsbereich Reha und Leistung der BGHW kontaktiert daher die betroffene Person unmittelbar nach der Unfallmeldung. Sie wird dann über die Möglichkeit informiert, innerhalb von 24 bis 48 Stunden ein Gespräch mit einer Psychologin oder einem Psychologen führen zu können. Um schnelle Vor-Ort-Hilfe zu leisten, verfügen die Dienstleister der BGHW deutschlandweit über ein breit ausgebautes Netzwerk an psychologischen Fachkräften.
 

Praxiserfahrungen

„Die Akutintervention ist eine sehr sensible Situation“, sagt Bronowizki. Auch wenn der Psychologe einem Grundprinzip folgt, hängt sein konkretes Vorgehen vom Einzelfall ab. Menschen reagieren unterschiedlich auf belastende Erfahrungen. Entscheidend ist auch, was im Detail passiert ist – ob beispielsweise jemand bedroht wurde, Opfer eines Raubüberfalls war oder Zeuge einer Gewalttat. Der Terapon-Psychologe sagt: „Manche brauchen zunächst nur ein Gefühl von Sicherheit und Präsenz, ohne dass viel geredet wird. Andere suchen aktiv das Gespräch und sind offen für eine emotionale Verarbeitung. Elementar wichtig ist, dass die Betroffenen Raum erhalten und nicht gedrängt werden.“ Die Akutintervention soll Stabilität, Orientierung und – soweit es möglich ist – Kontrolle verleihen. Sie zielt nicht darauf ab, das Problem zu lösen, kann aber den Weg für weitere Maßnahmen ebnen. Dabei kann es sich um medizinische Versorgung handeln, soziale Unterstützung oder psychotherapeutische Begleitung.

Lückenlose Betreuung

Bevor es zur Akutintervention kommt, schließt die betrieblich psychologische Erstbetreuung die Lücke zwischen dem traumatischen Ereignis am Arbeitsplatz und der Intervention. Die betrieblichen psychologischen Erstbetreuerinnen und Erstbetreuer sind speziell geschulte Mitarbeitende im Unternehmen. Sie geben Betroffenen direkt nach dem Ereignis das notwendige Sicherheitsgefühl und unterstützen sie auf vielfältige Weise. Sie können beispielsweise die Leidtragenden zur Polizei oder zum Arzt begleiten oder nahe stehende Personen informieren. Die BGHW unterstützt die Ausbildung durch ein Förderprogramm. In der Broschüre „Die BGHW hilft – Psychologische Soforthilfe“ ist Wissenswertes zu den Schwerpunkten „betrieblich psychologische Erstbetreuung“ und „Akutintervention“ gebündelt. 

Symptome erkennen

Betroffene von traumatischen Erlebnissen bitten nicht immer aktiv um Hilfe – sei es aus Scham oder aus dem Gefühl heraus, dass alles gar nicht so schlimm sei. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte sowie Kolleginnen und Kollegen genau hinsehen. Bronowizki sagt: „Es gibt viele unterschiedliche Anzeichen und nicht jedes davon ist automatisch ein Hinweis auf ein ausgewachsenes Trauma. Es erfordert Aufmerksam und Empathie zu erkennen, ob ein Mitarbeiter unter einem Erlebnis leidet.“ Bei der Ausbildung zum betrieblich psychologischen Erstbetreuer wird unter anderem vermittelt, wie solche Anzeichen zu erkennen sind. Häufig können subtile Veränderungen im Auftreten und Verhalten ein Hinweis sein: Der Kollege zieht sich zurück. Er ist ruhiger oder aufbrausender als vorher, meidet bestimmte Situationen oder ist von alltäglichen Aufgaben überfordert. Oft werden diese Symptome von körperlichen Beschwerden begleitet, die keinen offensichtlichen medizinischen Hintergrund haben. 

Aktiv werden

Es ist essenziell wichtig, dass Arbeitgeber oder Vorgesetzte ein akutes Ereignis am Arbeitsplatz an die BGHW melden, Mitarbeitende auf die Akutintervention ansprechen und sie zur Teilnahme motivieren. Natürlich handelt es sich um ein freiwilliges Angebot, das niemand annehmen muss. Die Akutintervention hat sich bei der BGHW jedoch aus guten Gründen etabliert. Das belegt auch eine Befragung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern. 86 Prozent von ihnen gaben an, dass ihnen die psychologische Beratung geholfen habe. 

Nach einem Gewaltereignis oder einem Überfall ist schnelle Hilfe erforderlich.

Wir bieten innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Ihrer Meldung psychologische Soforthilfe an. Oft auch schneller.

Sie erreichen uns sowohl an Werktagen zwischen 8 und 18 Uhr, als auch an Wochenenden oder an bundesweiten Feiertagen unseren Dienstleister Terapon unter folgender Rufnummer:

+49 228 5406-8080

reha(at)bghw.de

Bitte halten Sie zur Kontaktaufnahme folgende Informationen bereit:

  • Name der betroffenen Person(en)
  • Telefonnummer oder andere Kontaktdaten der betroffenen Person(en)
  • Name und Telefonnummer der Ansprechperson im Betrieb
  • Kurze Schilderung des Unfallgeschehens mit Unfalltag, Name und Anschrift des Mitgliedsbetriebs, Adresse des Unfallorts
  • Falls zur Hand: Geburtsdatum der betroffenen Person(en)
  • Falls zur Hand: Unternehmensnummer (UNR.S) bei der BGHW
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