
Selbstverwaltung: Neu im Ehrenamt
Neu im Ehrenamt der BGHW-Selbstverwaltung? Sahi Onay (Arbeitgeberseite) und Peter Kroes (Arbeitnehmer) sind seit gut einem Jahr in diesem Ehrenamt aktiv und erzählen von ihren ersten Eindrücken.
Über dem Gesicht eine schwarze Maske, in der Hand eine Waffe. Eine Stimme schreit „Geld her, oder ich mach dich kalt!“ Raubüberfälle im Handel können Beschäftigte in belastende Situationen bringen. Um Betroffene so früh wie möglich zu unterstützen und die Folgen psychischer Gewalterfahrungen abzufangen, wurde vor 20 Jahren die psychologische Akutintervention initiiert.
„Wichtig ist, dass Opfer eines Raubüberfalls oder eines anderen psychisch traumatisierenden Ereignisses soziale Unterstützung erfahren und bei Bedarf zeitnah professionell beraten werden. Auch, um langfristigen Gesundheitsstörungen und einer Chronifizierung vorzubeugen“, erklärt Marita Klinkert, Mitglied der BGHW-Geschäftsführung und Initiatorin der 2004 eingeführten Akutintervention. Rund 2500 BGHW-Mitgliedsbetriebe werden jährlich mit Raubüberfällen oder vergleichbar schweren Gewaltereignissen konfrontiert.
Die psychologische Akutintervention beginnt sofort nach der Unfallmeldung – unbürokratisch und schnell, einfühlsam und professionell. Nach Eintreffen der Information, dass eine Versicherte oder ein Versicherter in einen Raubüberfall oder ein anderes Gewaltereignis involviert war, setzt sich die BGHW sofort telefonisch mit den Betroffenen in Verbindung. Reha-Beschäftigte informieren die Versicherten über die Möglichkeit kurzfristig – innerhalb von 24 Stunden – ein Gespräch mit einer Psychologin oder einem Psychologen zu führen oder einen Gesprächstermin vereinbaren zu können.
Ziel dieses Gesprächs ist es, akute Belastungsreaktionen abzufedern und über die natürlichen Reaktionsabläufe nach einem Trauma aufzuklären. Gemeinsam werden individuell vorhandene Bewältigungsstrategien aktiviert. Häufig benötigen die Betroffenen nach der Interventionsmaßnahme keine weiteren Unterstützungsleistungen. Sofern sie weitergehender Hilfen bedürfen, wie z.B. einer Psychotherapie, organisiert dies die Reha-Sachbearbeitung.
Die Einführung der psychologischen Akutintervention geht auf eine Zunahme von Fällen mit bereits chronifizierten psychischen Gesundheitsstörungen um die Jahrtausendwende zurück. Die Versicherten waren unmittelbar in einen Raubüberfall oder in ein schwerwiegendes Gewaltereignis involviert, hatten aber keine oder nur geringe körperliche Verletzungen davongetragen. „Dennoch litten sie unter schweren psychischen Problemen – Angstzuständen, Schlafstörungen, Depressionen“, erinnert sich Klinkert. Sie war damals als Dezernatsleiterin Rehabilitation und Leistung der einstigen Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel (BGE) tätig, die 2008 mit der Großhandels- und Lagerei-BG (GroLa BG) zur BGHW fusionierte.
„Der Fokus der gesetzlichen Unfallversicherung war bei der Behandlung und Rehabilitation zu dieser Zeit primär auf körperliche Verletzungen ausgerichtet“, so die BGHW-Geschäftsführerin. Es fehlten Versorgungsstrukturen und Behandlungsangebote für die Betreuung von Menschen mit psychischen Gesundheitsstörungen. „Die Durchgangsärzte, die eine wichtige Lotsenfunktion in der Steuerung der Behandlung der Unfallverletzten haben, sind von Haus aus Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie“, sagt Klinkert. In der Gesellschaft habe zudem oftmals das Verständnis dafür gefehlt, was ein derartiges Ereignis mit Menschen machen kann. Marita Klinkert erinnert sich an eindringliche Berichte von betroffenen Versicherten, die sich bitterlich über fehlendes Verständnis und ausgebliebene Wertschätzung ihrer Arbeitgeber beklagten. Einige der traumatisierten Beschäftigten waren nicht mehr in der Lage, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren oder anderweitig zu arbeiten und schieden aus dem Erwerbsleben aus.
„Wir waren damals nicht die Ersten in der gesetzlichen Unfallversicherung, die sich mit Betroffenen nach Raubüberfällen beschäftigten“, so Klinkert. „Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) war bereits durch Bank-Überfälle erfahren und arbeitete mit Netzwerkpartnern zusammen, die psychisch traumatisierte Menschen professionell unterstützten. Durch dieses Netzwerk erhielten wir Kontakte zu Leistungserbringern, mit denen wir gemeinsam die Akutintervention als qualitätsgesichertes BGHW-Angebot entwickelten. Wir arbeiten heute noch zusammen“, so Klinkert. In breit angelegten Kampagnen informierten Präventionsmitarbeitende die Mitgliedsbetriebe über psychische Belastungen nach Raubüberfällen und das Angebot der Akutintervention. Sie warben für die zeitnahe Meldung an die BGHW und die Einführung einer betrieblichen Notfallversorgung durch psychologische Erstbetreuende.
Dieses Vorgehen hat sich bewährt, wie eine Evaluation ergab. Das überwiegend positive Feedback der ausgewerteten Interviews bestätigte die Wirksamkeit der psychologischen Soforthilfe, die seitdem zu den BGHW-Standards gehört. 86 Prozent der befragten Betroffenen gaben an, dass ihnen die psychologische Beratung geholfen habe. „Auch dank der Unterstützung unserer Selbstverwaltung konnten wir diesen BGHW-Standard etablieren. Die psychologische Soforthilfe ist bis heute eine wichtige Leistung für die Versicherten des Handels und der Warenlogistik“, so Klinkert.
Der amtierende BGHW-Vorstandsvorsitzende Manfred Wirsch hebt die Akutintervention der BGHW als ein seit vielen Jahren etabliertes, wirksames Angebot hervor: „Über kurze Wege erhalten Menschen nach einem traumatischen Erlebnis schnell und unbürokratisch professionelle Hilfe. Ich möchte Beschäftigte, die in einen Raubüberfall oder in ein anderes psychisch stark belastendes Ereignis involviert waren, ermutigen: Nutzen Sie das Angebot der Soforthilfe im Interesse Ihrer Gesundheit.“
Roland Kraemer, alternierender BGHW-Vorstandsvorsitzender, richtet sich direkt an Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte: „Das Miterleben eines Raubüberfalls oder eines anderen schweren Gewaltereignisses hinterlässt bei den Betroffenen Spuren und muss – ähnlich einer körperlichen Wunde – ‚verheilen‘. Daher ist es wichtig, dass Arbeitgeber oder Vorgesetzte bei allen derartigen Vorfällen ihre Beschäftigten über die Möglichkeit der psychologischen Akutintervention informieren sowie zur Teilnahme motivieren. Sprechen Sie mit den Betroffenen und bieten Sie Ihre Unterstützung an. Melden Sie das Ereignis an die BGHW, selbst wenn Ihre Mitarbeitenden die Arbeitstätigkeit fortsetzen.“
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