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Gegen Drogen und Ablenkung am Steuer
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Bei jungen Menschen ständig im Ohr: laute Musik, Computerspiele, Filme. Die „Generation Kopfhörer“ belastet ihr Gehör nicht nur durch alltägliche Lärmquellen wie Verkehr oder Maschinen, sondern auch durch Freizeitverhalten. Dass das schon früh zu Schwerhörigkeit führen kann, ist den wenigsten bewusst. Dabei sind Hörschäden vermeidbar.
Das Wichtigste im Überblick
Schwerhörig sind nur alte Menschen? Mitnichten. Denn schlechtes Hören ist nicht altersbedingt, sondern ergibt sich aus der lebenslangen Summe aller Einwirkungen auf das Ohr. Dazu zählt vor allem Lärm. Forschende fanden heraus: Menschen aus Naturvölkern, die in einer geräuscharmen Welt leben, behalten ihr Gehör bis ins hohe Alter. Wer also sein Leben lang gut auf seine Ohren aufpasst, minimiert das Risiko, später schwerhörig zu werden.
Umgekehrt bedeutet das: Wer seine Ohren in jungen Jahren stark mit Lärm belastet, kann schon früh Probleme mit dem Hörsinn bekommen. Und viele junge Menschen haben jeden Tag mehrere Stunden Musik auf den Ohren – über Kopfhörer, im Club, bei Konzerten – und das in einer Lautstärke, die schädlich fürs Gehör ist. So warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem „World Report on Hearing“ aus dem Jahr 2021 vor einer drohenden Schwerhörigkeitsepidemie. Nach Schätzungen der WHO sind aktuell über eine Million junger Erwachsener auf der ganzen Welt gefährdet, einen dauerhaften Hörschaden zu erleiden.
Dr. Bernhard Junge-Hülsing, Facharzt für HNO-Heilkunde und Landesvorsitzender des Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte in Bayern, hält diese Prognose für überzogen. In seiner Praxis musste er bislang noch keinem jungen Patienten oder Patientin ein Hörgerät verschreiben. Allerdings stellt er fest: „Zu mir kommen immer mehr Menschen im Alter von 50 bis 60 Jahren mit einem Hörverlust von 15 bis 30 Prozent, die von einem Hörgerät profitieren können. Solche Patienten und Patientinnen waren früher im Schnitt zehn Jahre älter.“ Vor allem in Großstädten sind Menschen häufig einem Grundrauschen von 60 bis 65 Dezibel ausgesetzt – ein Pegel, der nicht nur das Gehör belastet, sondern auch das Stresslevel erhöht.
In der Arbeitswelt ist das Thema Lärmschutz längst angekommen. Doch während viele in einer lauten Arbeitsumgebung ganz selbstverständlich einen Gehörschutz tragen, setzen sie sich in der Freizeit freiwillig Lärm aus, der ihre Ohren ebenfalls belasten kann. Auch wenn Kopfhörerprodukte aus Europa Lärm automatisch begrenzen und die Musikbeschallung in Clubs 100 Dezibel nicht überschreiten sollte, sieht die Realität oft anders aus. Alles, was über dem Wert von 80 Dezibel liegt, belastet unsere Ohren und kann zu dauerhaften Schäden führen. 80 Dezibel entsprechen etwa dem Lärmpegel einer stark befahrenen Straße. „Wenn junge Menschen nach einer langen Nacht aus dem Club kommen, pfeift es am nächsten Morgen meistens in den Ohren“, sagt HNO-Arzt Junge-Hülsing. „Wenn dieser Zustand ein bis zwei Tage anhält, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass die Ohren überlastet sind.“
Auch ohne akute Warnzeichen kann das Gehör schleichend geschädigt werden. Denn was passiert im Ohr, wenn es über eine lange Zeit immer wieder hohen Schallpegeln ausgesetzt ist? Die Haarzellen in der Hörschnecke werden nach und nach zerstört und sterben schließlich ab. Diese Entwicklung ist mit einem Weizenfeld im Wind zu vergleichen: Bei leichtem Wind (Lärm), richten sich die Halme (Haarzellen) wieder auf. Wird er zu stark, knicken die Halme ab und können sich nicht mehr aufrichten. Und bei jeder neuen Lärmbelastung werden weitere Haarzellen zerstört. Die schlechte Nachricht: Tritt eine Lärmschwerhörigkeit ein, ist sie nicht mehr heilbar.
Junge-Hülsing warnt insbesondere vor der Kombination von Drogen und Lärm. „Amphetamine beispielsweise bewirken, dass sich die Gefäße zusammenziehen, und das wiederum verstärkt die Lärmwirkung“, erklärt er. Das gilt genauso fürs Rauchen. Hier führt die Verengung der Blutgefäße zu einer verringerten Durchblutung des Innenohrs, was ebenfalls die Hörzellen schädigen kann. Auch Substanzen wie Nikotin und Kohlenmonoxid, die in Zigaretten enthalten sind, können die Zellen zerstören. Um das Risiko einer frühen Lärmschwerhörigkeit zu vermindern, können auch junge Menschen etwas tun. Denn Hörschäden sind vermeidbar.
Lärmschwerhörigkeit vermeiden: Sei gut zum Ohr
Regelmäßige Lärmpausen einlegen (15 Minuten pro Stunde).
Lautstärke bewusst regulieren, nicht ständig erhöhen.
Lautstärken ab 85 Dezibel vermeiden – Apps können die Lautstärke messen (z. B. Dezibel X für iOS oder Schallpegelmesser für Android).
Lautstärke im Kopfhörer begrenzen.
Statt In-Ear-Kopfhörer schalldichte Kapselkopfhörer nutzen, die auf den Ohren sitzen. Warum? In-Ear-Kopfhörer befinden sich in der Ohrmuschel und leiten den Schall direkt ins Innenohr. Die Belastung für die Hörzellen ist also stärker. Zudem lassen sie viel mehr Umgebungsgeräusche zu, was dazu verleitet, die Lautstärke noch höher zu drehen. Kopfhörer, die Umgebungslärm reduzieren, lassen ein gutes Klangerlebnis bei geringerer Lautstärke zu.
Alltagsgeräusche nicht mit lauter Musik aus Kopfhörern übertönen.
Wenn es laut wird, etwa bei starkem Verkehrslärm oder einem Konzert, Gehörschutz tragen (reduziert den Schall um etwa 20 db).
Warnsignale unbedingt ernst nehmen: Bei ersten Anzeichen eines Hörverlusts oder Pfeifen im Ohr einen Hörtest machen.
Wenn jemand schlecht sieht, nutzt er oder sie eine Brille. Aber niemand findet es schick, ein Hörgerät zu tragen. Nach Angaben von Statista gibt es in Deutschland etwa 5,4 Millionen Menschen mit einer indizierten Schwerhörigkeit. Doch nur 3,7 Millionen trugen ein Hörgerät (2022). HNO-Arzt Junge-Hülsing empfiehlt jedoch, schon bei geringem Hörverlust auf Hörhilfen zu setzen. „Früher konnten Patientinnen und Patienten erst bei einem Hörverlust von 30 bis 40 Prozent von Hörgeräten profitieren. Mit den heutigen Geräten lässt sich schon eine leichte Schwerhörigkeit mit einem Hörverlust von 10 bis 15 Prozent ausgleichen, und das sollte man auch tun. Ohne Hörhilfe verschlechtert sich das Hörvermögens immer mehr, weil die zuständigen neuronalen Netze im Gehirn verkümmern, wenn sie nicht mehr in gewohnter Weise mit Reizen gefüttert werden. Aber wenn man die Frequenzen, die man nicht hört, frühzeitig ausgleicht, verlernt das Gehirn das Hören nicht“, erklärt der Experte.
Die Erstattung durch die Krankenkassen hinkt der technischen Entwicklung allerdings hinterher. Sie zahlen erst, wenn der oder die Gehörgeschädigte bei normaler Umgangssprache weniger als 70 Prozent versteht. Aber auch ein Hörverlust von 10 Prozent bedeutet deutliche Einschränkungen. Hier kommen sogenannte Hearables ins Spiel. Das sind Kopfhörer verschiedener Hersteller mit Hörverstärkung, die frei verkäuflich sind. „Für leicht bis mittelschwerhörige Menschen sind Hearables eine echte Alternative. Die darin enthaltenen Hörtests sind absolut verlässlich und bringen eine gute Einschätzung des Hörvermögens“, weiß Junge-Hülsing. Die in Hearables integrierte KI imitiert das natürliche Hörvermögen, kann Hörsituationen erkennen und entsprechende Programme ausspielen sowie Lärm reduzieren. Für Betroffene eine echte Hilfe – im Theater, beim Fernsehen oder im Gespräch. „Diese Entwicklung wird den Hörgerätemarkt revolutionieren“, ist der HNO-Arzt überzeugt. Denn ein Kopfhörer im Ohr fällt heute niemandem mehr auf.
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